Leben mit Stottern

Etwa ein Prozent der Bevölkerung stottert, allein in Deutschland mehr als 830.000 Menschen. Vielleicht gehörst du dazu oder kennst jemanden, der oder die stottert. Stottern ist nicht ansteckend und niemand kann etwas dafür. Trotzdem ist es häufig schambehaftet und wird tabuisiert.

Stottern kann zu einer großen Belastung werden. Zum Beispiel, wenn man sich nicht mehr traut, in der Öffentlichkeit das Wort zu ergreifen oder wenn man Benachteiligungen erfährt.

Unter der Oberfläche ist viel mehr

Außenstehende bemerken im Alltag die hör- und sichtbaren Symptome des Stotterns, doch das ist nur die Spitze eines Eisbergs. Darunter liegen Scham, Angst vor negativen Reaktionen, ständige Anstrengungen um das Handicap zu verstecken und weitere so genannte Begleitsymptome. Man sagt oft: Das Schlimmste am Stottern ist die Angst davor.

"Geben Sie mir einfach vier Brötchen"

Alltägliche Situationen, wie der Einkauf beim Bäcker, können für stotternde Menschen zum Problem werden. Da bestellst du schon mal vier Brötchen, weil du "drei" nicht flüssig hättest aussprechen können. Bloß nicht auffallen, damit nicht wieder jemand lacht, schief schaut oder dir ungeduldig über den Mund fährt. Negative Erfahrungen sind prägend, und so entsteht schnell ein Teufelskreis aus realer Ausgrenzung und Erwartungsangst.

Offenheit befreit

Es braucht eine große Portion Mut, aber es befreit dich enorm, wenn du dich nicht mehr versteckst und lieber stotterst als schweigst. Offenheit nimmt sowohl den eigenen Ängsten als auch den Vorurteilen der Gesellschaft den Wind aus den Segeln. Eine aktive Auseinandersetzung und möglichst positive Einstellung gegenüber dem eigenen Stottern helfen dir dabei. Der Erfahrungsaustausch mit anderen Stotternden kann dir zusätzlich den Rücken stärken, weil es leichter fällt, den Weg nicht allein zu gehen.

Umgang mit Stottern

Stotternde wissen im Moment des Stotterns genau, was sie sagen möchten, können es nur nicht fließend aussprechen. Wir ringen also nicht mit den Worten, sondern mit dem Sprechen. Drei einfache Verhaltenstipps sind im Gespräch mit stotternden Menschen vor allem hilfreich:

  • Blickkontakt halten
  • Aussprechen lassen
  • Geduldig zuhören

Bitte keine Ratschläge

Aufforderungen wie "Atme tief durch", "Denk nach, bevor du sprichst" und Tipps wie "Versuch es mal mit Singen" sind sicher gut gemeint, helfen Stotternden jedoch nicht. Wir stottern ja nicht, weil wir unkonzentriert oder aufgeregt sind. Beim Singen muss man zwar wirklich nicht stottern, aber das Leben ist kein Musical ...

Fakten über StotternInfomaterial

Hinweise für das Gespräch mit Stotternden

Hinweise für das Gespräch mit Stotternden

Basisinfos Stottern & Selbsthilfe

Faltblatt
Wie man auf Stottern und Stotternde reagieren und sich verhalten sollte.

Buchtipp: Lebenswege

Mein Weg

Mein Weg

Demosthenes-Verlag

Biografische

Biografische Gespräche mit stotternden Menschen zwischen 18 und 82 Jahren, von Gerd Riese.

Joe Biden ...

... ist als 46. Präsident der USA der wohl prominenteste Stotternde der Welt. Biden stottert seit der Kindheit und geht seit Jahren offen damit um. Er sagt "Stottern ist ein Teil von mir". Das ermutigt uns, denn auch wir sagen's auf unsere Weise. 

Auch ein Staatsmann wird diskriminiert

Seine politischen Gegner leugnen sein Stottern und stufen es z.B. als Zeichen beginnender Demenz ein. Biden sprach bereits 2013 in einer Rede über seinen Lebensweg mit Stottern. Das Video mit deutschen Untertiteln gibt es exklusiv in unserem YouTube-Kanal "wir stottern".

Zum Video

Wer stottert, ist in guter Gesellschaft

Stotternde Prominente in Deutschland:

  • Der Graf von Unheilig (Musiker)
  • Dayot Upamecano (Fußballer)
  • Rezo (YouTuber)
  • Malte Spitz (Politiker)
  • F. C. Delius (Autor)

International bekannte Stotternde:

  • Ed Sheeran (Sänger/Songwriter)
  • Emily Blunt (Schauspielerin)
  • David Mitchell (Autor)
  • Samuel L. Jackson (Schauspieler)

Diese Liste möchte nur einen Einblick geben, sie ist nicht vollständig.

Unvergessene stotternde Prominente:

  • King George VI. (Monarch)
  • Scatman John (Sänger/Musiker)
  • Marilyn Monroe (Schauspielerin)

Dass King George VI., Vater von Queen Elisabeth II stotterte, wurde 2010 durch den mit dem Oscar prämierten Film "The King's Speech" einem breiten Publikum bekannt. Das Drehbuch des Films stammt von David Seidler, der ebenfalls stottert.

Endlich einmal keine Lachnummer

Für viele Stotternde ist "The King's Speech" ein bedeutender Film. Er stellt erstmals einen stotternden Menschen positiv in den Fokus und erlaubt Nichtstotternden einen emotionalen Einblick in ein Leben mit Stottern.